Pressemitteilung
Hintergrundinformationen zur Rede des Vorstands,
Professor Dietmar Schitthelm
Baubericht
Herr Dr. Ulrich Otto, Abteilungsleiter Abwasser, berichtet zu Beginn über die aktuellen Bauprojekte des Verbandes.
Aufgabe der Kläranlagen Rheurdt, Schaephuysen und Tönisberg und Überleitung der Abwässer
Am 24. November 2015 erfolgte der erste Spatenstich zum Bau der Überleitung der Abwässer von den Kläranlagen Rheurdt und Schaephuysen zur Pumpstation Vluyn der Linksniederrheinischen Entwässerungsgenossenschaft (LINEG). Von dort werden die Abwässer über mehrere Stationen zur LINEG-Kläranlage Rheinhausen geleitet, um dort gereinigt zu werden. In 2015 wurde das Projekt "Aufgabe Kläranlage Tönisberg" weitgehend abgeschlossen.
Aufgrund der hohen Belastung sind die über 40 Jahre alten Kläranlagen in den letzten Jahren an ihre Kapazitätsgrenze gestoßen. Die Anlagen sind außerdem stark sanierungsbedürftig. Es wurden verschiedene Varianten unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten untersucht. Die gewählte Lösung kann nun gewährleisten, dass weiterhin eine Abwasserreinigung auf hohem Niveau für die Bürgerinnen und Bürger kostengünstig angeboten wird, ohne die Entwicklungsmöglichkeiten der Gemeinde Rheurdt einzuschränken.
Die Leitung wird zum größten Teil grabenlos im Spülbohrverfahren hergestellt. Dadurch werden Beeinträchtigungen für Anlieger bzw. Schädigungen an Bäumen und Straßenoberflächen gering gehalten. Nach Fertigstellung und Inbetriebnahme der Abwasserdruckleitung und der Pumpwerke, voraussichtlich Ende 2016, sollen auch die Kläranlagen Rheurdt und Schaephysen abgeschaltet und dann nach und nach zurückgebaut werden.
Erweiterung der Betriebsstelle Süchteln
Der Stadtteil Viersen-Süchteln wird im Mischsystem über die Betriebsstelle des Niersverbandes zur Kläranlage Mönchengladbach-Neuwerk entwässert. Durch Anpassungen im Bereich der Kanalisation durch die NEW, Niederrhein Energie und Wasser GmbH steigt zukünftig der Zufluss zur Betriebsstelle Süchteln an.
Die Behandlung der größeren zufließenden Wassermenge im Regenüberlaufbecken auf der Betriebsstelle Süchteln erfordert den Ausbau der Pumpstation. Dazu wird neben der Herstellung des Hauptsammlers im Rohrvortrieb ein Regenwasserpumpwerk zur Beschickung des Regenüberlaufbeckens sowie ein Schmutzwasserpumpwerk zur Förderung der Abwässer in das höher liegende vorhandene Weiterleitungspumpwerk gebaut. Neben kleineren Umbaumaßnahmen am Regenüberlaufbecken selber, ist weiterhin der Neubau einer Siebanlage, eines Trennbauwerkes sowie der Ablaufkanäle zum bestehenden Rückhaltebecken vorgesehen. Mit den Bauarbeiten wurde im Oktober 2014 begonnen. Die Fertigstellung der Anlage ist einschließlich der maschinentechnischen und elektrotechnischen Ausrüstung zum Anfang des Jahres 2017 geplant.
Neubau des Retentionsbodenfilters auf der Betriebsstelle Vernum
Die Ortslage Geldern-Hartefeld wird derzeit im so genannten Mischsystem entwässert. Das bedeutet, Schmutzwasser und Regenwasser werden gemeinsam in einem Kanal gesammelt und in Richtung Kläranlage geleitet. Dies geschieht über ein Pumpwerk auf der Betriebsstelle Vernum, das die anfallenden Abwässer aus Sevelen, Hartefeld und Vernum zur Kläranlage Geldern pumpt. Bei Regenwetter auftretende Abflussspitzen müssen zukünftig vor einem Abschlag in die Sevelener Landwehr gedrosselt und vorbehandelt werden. Daher wurde seit Mitte 2014 ein Regenrückhaltebecken mit anschließendem Retentionsbodenfilter auf der Betriebsstelle gebaut.
Parallel dazu wurde die Sevelener Landwehr an der Betriebsstelle naturnah umgestaltet.
Beide Maßnahmen wurden Ende 2015 fertiggestellt.
Energieeinsparung durch Austausch der Belüfter auf der Kläranlage Mönchengladbach-Neuwerk
Auf der Kläranlage Mönchengladbach-Neuwerk werden Belüfterteller eingesetzt, die mit ihrer geschlitzten Gummimembran für die feine Einblasung der Prozessluft in die biologische Stufe sorgen. Sie wurden gegen neue Belüftungsteller mit feinerer Schlitzung ausgetauscht. Dadurch wird sowohl ein verbesserter Sauerstoffeintrag ins Abwasser als auch eine Energieeinsparung erreicht. Dies ist insbesondere relevant, da die Belüftung rund 50 % des Strombedarfs der Kläranlage verursacht. Die Einsparung durch Reduzierung des Energiebedarfs läßt sich auf rd. 360.000 € pro Jahr beziffern.
Bericht des Vorstandes
Nach dem Baubericht von Dr. Ulrich Otto berichtet Prof. Dietmar Schitthelm über die weiteren Themen des Jahres.
Ausweisung der Überschwemmungsgebiete
Die Bezirksregierung Düsseldorf hat die Überschwemmungsgebiete an der Niers neu ermitteln lassen und im letzten Jahr vorläufig festgesetzt. Dabei kam es insbesondere im Bereich des Grenzweges in Willich zu starken Anwohnerprotesten. Mit Hilfe der immer weiter optimierten Modelluntersuchungen zum Abflussverhalten der oberen Niers konnte im Berichtsjahr die sogenannte "Sichere Seite" bei der Bestimmung der Größe der Überschwemmungsflächen im Bereich des Grenzweges in Willich um ca. 40% reduziert werden. Die vorherigen Ergebnisse fußten zunächst auf den Abflussergebnissen des ersten (2011) überhaupt jemals erstellten qualitätsgesicherten Niersmodells. Die aktuelle Berechnungen legen ein weiterentwickeltes, optimal abgestimmtes Modellverfahren zugrunde.
Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie - Vorgehen der Landesregierung zum Thema Spurenstoffe
Bei der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) endete in diesem Jahr der erste Bewirtschaftungszyklus. Europaweit konnte das Ziel, bis 2015 für natürliche Gewässer den guten Zustand zu erreichen, kaum realisiert werden. In NRW stellt unser Umweltministerium fest, dass lediglich 10 % der Oberflächenwasserkörper, meist in den Quellregionen unserer Mittelgebirge, den Sollzustand darstellen. Vor diesem Hintergrund wurden die neuen Bewirtschaftungspläne 2016-2021 erstellt.
Dabei haben sich die Schwerpunkte zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie deutlich verschoben. Waren im ersten Zyklus fast ausschließlich Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässerstruktur im Fokus, spielen im zweiten Bewirtschaftungszyklus zumindest in NRW die stofflichen Belastungen der Gewässer eine immer bedeutendere Rolle. Bereits vor Einführung der Wasserrahmenrichtlinie wurde der gute Gewässerzustand durch die in der Abwasserverordnung geregelten Parameter, Chemischer Sauerstoffbedarf (CSB), Sticktstoff (N) und Phosphor (P), gefördert. Mit der WRRL wurde der gute chemische Zustand für alle Gewässer gefordert und eine große Zahl weiterer chemischer Verbindungen und Elemente zur Bewertung der Gewässergüte herangezogen. Bei der Verletzung von Grenzwerten dieser Parameter, die in Deutschland durch die Umweltqualitätsnormen (UQN) der Oberflächengewässerverordnung (OGewV) festgelegt werden, können weitere Maßnahmen zur Abwasserreinigung oder Regen- bzw. Mischwasserbehandlung erforderlich werden.
Hier ist die Handhabung in Nordrhein-Westfalen bundesweit ein Sonderweg. So werden mittels der behördenverbindlichen Bewirtschaftungspläne letztlich der Ausbau von Kläranlagen (um die so genannte vierte Reinigungsstufe) zur Reduzierung des Eintrags sonstiger, gesetzlich in der Oberflächengewässerverordnung (OgewV) nicht verbindlich geregelter Stoffe verbindlich festgeschrieben. Über die Wirkung der Spurenstoffe auf die Gewässerbiologie bestehen bisher noch keine ausreichenden Kenntnisse. Eine Verbesserung der biologischen Parameter für den guten ökologischen Zustand bzw. das gute ökologische Potenzial kann selbst nach Errichtung einer vierten Reinigungsstufe nicht sicher erwartet werden. Die Landesvorgaben sind mit dem Vorsorgeprinzip begründet und zielen darauf ab, ein möglichst unbelastetes Oberflächenwasser für eine später eventuell stattfindende Trinkwasserbereitstellung zu fördern. Allerdings scheinen die mit dem Ausbau der Kläranlagen verbundenen Kosten zum jetzigen Zeitpunkt unverhältnismäßig, da für alle diffus ins Gewässer gelangenden Stoffe die Zielerreichung so nicht hergestellt werden kann. Das Bundesumweltministerium plant für die nächsten drei Jahre die Erarbeitung eines Gesamtkonzeptes zur Behandlung von Spurenstoffen unter Einbeziehung aller Belastungspfade - dies sollte auch aus Gründen von gleichartiger Kostenbelastung aller Bundesbürger abgewartet werden. Der Niersverband hat als ein Partner innerhalb der Arbeitsgemeinschaft der Wasserverbände in NRW (agw) angeboten, mit der Planung einer Spurenstoffeliminationsanlage am Standort Dülken fortzufahren. Außerdem hat er beim Land angeregt, die Bewirtschaftungsplanung zumindest zunächst nur auf die gesetzlich vorgeschriebenen Parameter auszurichten, bis der Bundesgesetzgeber entsprechende Vorgaben liefert und Rechtssicherheit schafft. Vorteil dieses Angebots, dass zwischenzeitlich vom Land NRW nicht angenommen wurde, wäre ein intensiver Erkenntniszugewinn über die Wirkung auf die Gewässerbiologie durch die verbesserte Abwasserreinigung gewesen.
Zuverlässig positiv auf die Gewässerbiologie wirken aber die gewässermorphologischen Maßnahmen, die der Verband im Rahmen des Masterplans Niersgebiet durchgeführt hat. Hier wurden im vergangenen Jahr Projekte im Bereich Geldern und aktuell in Kevelaer Binnenfeld umgesetzt. Zur Umsetzung des Masterplans im Verbandsgebiet des Netteverbandes und des Wasser- und Bodenverbandes der Mittleren Niers wurden 2015 entsprechende Kooperationsvereinbarungen geschlossen.
Vor diesem Hintergrund gewinnt die Arbeit unseres qualifizierten Labors und die Definition eines aussagefähigen Messprogramms strategische Bedeutung. Nur durch bereits seit 2010 laufend durchgeführte Gewässeruntersuchungen und den daraus abgeleiteten Ergebnissen konnte die pauschale Aufnahme aller Kläranlagen an der Niers mit dem Anforderungsprofil "Bau der vierten Reinigungsstufe" in Abstimmung mit den Bewirtschaftungsbehörden vermieden werden. Die vom Land NRW nur in geringerer räumlicher und zeitlicher Auflösung verfügbaren Daten hätten diese qualifizierte Diskussion nicht ermöglicht. Das ebenfalls durch unser Labor durchgeführte Biomonitoring zeigt dann zusätzlich auf, welche der durchgeführten Maßnahmen der Siedlungsentwässerung oder der Gewässerumgestaltung eine Annäherung der Zielerreichung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie am effizientesten ermöglicht. Auch diese Untersuchungen sind von strategischer Bedeutung, um immer wieder die positiven Wirkungen der Umsetzung des Niers-Masterplans zu zeigen. Durch die gewonnenen Erkenntnisse können dann immer zuverlässiger genau die Maßnahmen entwickelt werden, die zielgenau die benötigten Gewässerentwicklungen liefern. Der größte "Gewinn" entsteht hier durch die Vermeidung wenig helfender Maßnahmen, die aber insbesondere im Bereich der Regenwasserbehandlung traditionell zunächst gefordert werden.
Wirtschaftliches Insourcing beim Niersverband
Sind mit den oben beschriebenen optimalen Grundlagen die zielgenauen Planungsvarianten gefunden worden, so sind es danach die Bereiche Planung und Bauen beim Niersverband, die die Genehmigungs- und - sofern die Kapazitäten es zulassen - auch Ausführungsplanungen durchführen. Dieser immer größere Anteil an Eigenleistung und somit im Vergleich zur Vergabe dieser Leistungen kostengünstigere Erarbeitung wird durch entsprechende Personalverstärkung in den letzten Jahren ermöglicht. Die Verstärkung der Eigenleistung wird allerdings derzeit durch immer schwierigere Personalrekrutierung begrenzt, so dass wegen der dringend zu leistenden Investitionen (über 300 Mio € in den nächsten 10 Jahren) weiterhin Ingenieurleistungen eingekauft werden müssen.
Weitere Kosteneinsparungen wurden durch gezieltes Insourcing im betrieblichen Bereich möglich. So werden seit 2013 die erforderlichen Masterplanmaßnahmen an der Niers durch eigens zu diesem Zweck ausgebildete Fachhandwerker, die Wasserbauer, durchgeführt. Neben der sehr hohen Arbeitsqualität unserer Spezialisten spart dies die HOAI-Planungsphasen 5-9 im Bereich der Ingenieurleistungen vollständig ein. Darüber hinaus entstehen bei Fremdvergabe kaum begrenzbare, mit Baustillstandszeiten verbundene hohen Kosten, die z. B. durch Hochwasserereignisse oder durch Unterbrechungen wegen bodendenkmaltechnischer Untersuchungen begründet sein können. Bei Eigenleistung können diese Kosten durch den Einsatz der Mitarbeiter in diesen Zeiten bei anderen Projekten vermieden werden.
Energiemanagement
Ein weiterer sehr großer Kostenblock beim Niersverband entsteht durch die energieintensive Abwasserreinigung. Auch hier sind die Potenziale zur wirtschaftlichen Energieversorgung zwischenzeitlich fast vollständig ausgeschöpft. So werden weitere Einsparungen, bezogen auf den Preis für einzukaufenden Strom, immer geringer und zunehmend auch unter strategischen Gesichtspunkten in Angriff genommen. Hierzu gehören Projekte, wie die Holzschnitzelheizung an der Kläranlage in Geldern, genauso wie der Test von Kleinwindkraftanlagen zur weiteren Verbesserung der Eigenstromversorgung. Wirtschaftsplan 2016 Der Wirtschaftsplan des Niersverbandes hat ein Gesamtvolumen von ca. 155 Mio. Euro und wurde mit moderaten Beitragserhöhungen von 1,91 % verabschiedet. Dies bedeutet, das gegenüber der Inflationsrate zwischen 1998 und 2016 eine Differenz von 36 % zugunsten der Beitragszahler erreicht wurde.
Zusammengefasst geht es weiterhin darum, für die vom Verband zu erledigenden Aufgaben so wenig wie möglich Beitragsmittel abzurufen und trotzdem eine ökologisch möglichst wertvolle und für die Menschen im Verbandsgebiet reizvolle Gewässerlandschaft zu entwickeln.
Aktuelles
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